Wir richten uns zugrunde
Wir richten uns zugrunde und zwar mit System. Wir essen das Falsche, setzen uns unter Drogen, stehen permanent unter Leistungsdruck, verfallen dem Wahn der Selbstoptimierung, mit allem was dazu gehört: Sportliche Fitness, optische Aufwertung, Modestil, Lebensstil. Wir jagen atemlos in Konsumtempeln herum, um Schnäppchen zu ergattern, reisen mit Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen an die entlegensten Orte, verseuchen die Umwelt mit Plastik. Warum tun wir das alles? Um mithalten zu können, um Vergleichen standzuhalten, um den gephotoshopten Trugbildern etwas Gleichwertiges entgegen zu setzen, die uns auf den social media Plattformen serviert werden und um all das erreichen zu können machen wir zwei Jobs, damit das Geld für alles reicht. Wir füttern unser Ego, werten unsere Persönlichkeit auf und vergessen unsere Seele. Nach all dieser Jagd nach Selbstdarstellung und Selbstoptimierung, wollen wir danach entspannen, uns erholen, uns dem Frieden und der Ruhe hingeben, die wir sonst kaum noch finden. Wir begeben uns in Wellness-Tempel, gönnen uns Sauna und Massagen, lassen uns verwöhnen, nicht ohne Handy und Instagram. Es soll ja jeder wissen wie gut es uns geht. Abends zuhause auf dem Sofa, dann endlich mal wir selbst sein. Ungeschminkt, einfach sein, so wie wir sind, ohne zu vergleichen, ohne Fassade, mit allen Ecken und Kanten. Ohne Shapeware, ohne Make up Maske, ohne Filter, ohne Weichzeichner. Gelingt uns das?
Nur selten, denn ganz egal wie wir leben, bei vielen erzeugt der eigene Lebensstil Stress. Singles fallen abends in ein Einsamkeitsloch, sie klicken sich durch Dating Apps oder ziehen nach dem Job wieder los auf die Piste, um dem Alleinsein und der Selbstreflexion zu entfliehen. Es könnte ja sein, sie würden in ihrem Alleinsein beginnen sich zu fühlen, ihre wirkliche, wahre Situation wahrzunehmen und erkennen, dass es einen tiefen grundlegenden Veränderungsbedarf gibt. Dass sie eine Scheinwelt bedienen, die von ihrem Lebensstil lebt. Aber nicht nur Singles geht es so, wer sich in einer (unbefriedigenden) Partnerschaft befindet, dem geht es unter Umständen sogar noch schlechter.
In einer neuen Studie haben Forscher 373 Paare 16 Jahre lang begleitet und festgestellt, dass sich eine schlechte Ehe auf die körperliche Gesundheit auswirkt. Es liegt eigentlich auf der Hand, dass ein Umfeld in dem man sich nicht wohlfühlt, in dem ständig gestritten oder dem Partner bewusst aus dem Weg gegangen wird (um Konfrontationen zu vermeiden) oder wo es in Wahrheit nur noch um Zweckgemeinschaften geht, für die mentale Gesundheit nicht unbedingt förderlich sein kann. In einer Partnerschaft, in der die Liebe das Bett längst verlassen hat, kann Liebe dauerhaft schwer überleben.
Aber die Forscher an den Universitäten Michigan und Nevada fanden heraus, dass hier nicht nur die mentale Gesundheit beeinflusst wird, sondern dass eine schlechte, unbefriedigende Ehe auch körperlich ungesund sein kann. Sie ist ebenso so schädlich wie das Rauchen oder Trinken.
Wir schaffen uns selbst in allen Lebensbereichen Zustände und Umstände, die uns auf Dauer nicht gut tun. Einerseits sind wir ständig auf der Jagd nach allem Möglichen und doch sitzen wir andrerseits bequem in unseren Sesseln, knirschen mit den Zähnen und nehmen stoisch hin was uns nicht gefällt oder uns gar mental oder physisch belastet. Wären wir ehrlich, müssten wir uns eingestehen, dass wir das alles nicht brauchen können. Aber wer erhebt sich schon gern aus einem bequemen Sessel? Unterdessen den eigenen Stressspeicher gelegentlich durch Entspannung zu entleeren, hilft nur wenig, denn es ändert nichts an der Gesamtsituation und an dem ungesunden Umfeld in das wir nach der vermeintlichen Entspannung fröhlich wieder hinein hüpfen. Wir können aber auch abwarten, bis man uns bequem mitsamt dem Sessel aus unguten Situationen hinausträgt. Nur werden wir dann vermutlich bereuen, dass wir nicht frühzeitig das für uns wirklich Wahre getan zu haben.
Infos zu der Studie über ungesunde Ehen finden sich HIER und zu erhöhten Scheidungsraten im Alter HIER.